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Hydra vulgaris - Süßwasserpolyp



Hydra vulgaris. Süßwasserpolyp.
Hydra vulgaris


Der Süsswasserpolyp Hydra vulgaris zählt wegen seines einfachen Aufbaus und seiner elementaren Schönheit in meinen Augen zu den zu den besonders reizvollen Wasserbewohnern. Diese Einfachheit erlaubt es ihm auch, einige hoch erstaunliche Eigenschaften beizubehalten, die komplexeren Tieren nicht mehr möglich sind, wie etwa ein vollkommenes Regenerationsvermögen, das ein einzelnes Hydra-Tier relativ unsterblich macht.

Entwicklungsgeschichtlich gesehen ist Hydra uralt:

Nachdem sich vor über einer Milliarde Jahre bereits die ersten kleinen Vielzeller auf der Erde entwickelt hatten - kleine, wurmartige Gebilde - wurde das frühe, noch primitive Leben einer harten Probe unterzogen: Der Planet vereiste, vermutlich verursacht durch die Kontinentaldrift. Nachdem die Platten weitergezogen waren und Meeresströmungen wieder große, warme Meeresareale schufen, entwickelten sich innerhalb kurzer Zeit eine Überfülle an verschiedensten Arten, Gattungen, ja ganze Tierklassen. Zahlreiche Baupläne entstanden und wurden zum Teil wieder verworfen. Von denjenigen, die sich bewährten, blieben viele grundlegend als Urmuster bis in die heutige Zeit. In dieser "Kambrische Explosion" wurden die Meere sichtbar vielfältig, die häufigsten Tiere in dieser Fauna und Flora waren neben blattartigen Gebilden Hohltiere, meist Quallen. Wir sehen also in der Hydra einen Vertreter aus einer uralten Welt, die man - lange vor den Dinosauriern, den Haien, lange bevor das Festland überhaupt besiedelt wurde - als den ersten großen Wurf der Evolution sehen kann.




Einordnung








Innerhalb der Gattung Hydra sind mindestens fünf Arten in Europa heimisch:

  • H. vulgaris, Gemeiner Süßwasserpolyp (vormals: H. attenuata)
  • Hydra circumcincta, Grauer Süßwasserpolyp
  • Hydra oxycnida, Plumper Süßwasserpolyp
  • Hydra oligactis, Brauner Süßwasserpolyp
  • Hydra viridissima, Grüne Hydra (vormals: Chlorohydra viridissima)

Die Gattung Hydra ist die einzige Gattung innerhalb der Familie Hydridae - die Verwandtschaft ist damit recht überschaubar (d.h. eine einzeln stehende Gruppe von wenigen, eng verwandten Arten). Die einzelnen Arten lassen sich nur schwer oder gar nicht mit blosem Auge voneinander unterscheiden. Um jeden Zweifel auszuräumen ist eine mikroskopische Untersuchung durch einen Fachmann nötig, der die Art anhand der Nesselzellen bestimmt.

Nach Campbell (1987) handelt es sich bei H. vulgaris um einen Artkomplex, der eine noch unbekannte Zahl an Kryptospezies umfasst.

Weltweit werden gut 30 Arten der Gattung Hydra angeführt.


In den letzten Jahren wurde wiederholt in Mitteleuropa die Süßwasserqualle (Craspedacusta sowerbii) gesichtet. Sie stellt die einzige Süsswasserqualle in Mitteleuropas Seen dar. Vermutlich ursprünlich in China beheimatet besiedelt sie als Neozoon seit etlichen Jahrzehnten praktisch alle Kontinente. Der Einfluss in Europa dürfte gering ausfallen; für den Menschen ist die 2,5 cm durchmessende Qualle harmlos. (Füf Interessierte : Ein Portrait davon auf den Neobiota-Seiten.


Grüne Süßwasserhydra, Hydra viridissima
Grüne Süßwasserhydra
Besondere Beachtung verdient die Grüne Hydra (Hydra viridissima), die ihre intensive Färbung Grünalgen der Gattung Chlorella verdankt, die in ihrem Körper eingelagert sind. Diese beiden Organismen leben in einer typischen Symbiose.

Die Hydra profitiert dabei von dem Zucker und dem Sauerstoff, den die Algen durch Photosynthese gewinnen und übersteht so längere Hungerperioden. Die Chlorellen wiederum nutzen die stickstoffhaltigen Verdauungsprodukte der Hydra und das Kohlendioxid aus ihrem Stoffwechsel, ebenso die die Bereitstellung von Mineralien und Schutz vor Fressfeinden

Man kann annehmen dass diese Symbiose seit langem besteht, immerhin hat sie dazu geführt dass Hydra viridissima bei zu geringem Lichteinfall einen helleren Standort sucht - sie sorgt sich quasi aktiv um ihre Chlorellen. Hydra lässt sich auch nicht dazu bewegen, andere Gattungen von Grünalgen zu akzeptieren - diese werden einfach verdaut. (Auch keine andere Art Hydra akzeptiert Chlorella oder eine andere Grünalge.) Hydren, deren Chlorellen durch dauernde Dunkelheit zugrunde gegangen sind, bleiben lebensfähig, aber "ausgebleicht". Bei erstbester Gelegenheit werden neue Clorellen aus dem Umgebungswasser geholt und die Hydra ergrünt wieder. Auch bei der sexuellen Fortpflanzung ist dafür gesorgt dass sich einige Chlorellen im befruchtetem Ei befinden und dem neuen Polypen als Anfangsbestand zur Verfügung stehen.




Vorkommen



Süßwasserpolypen besiedeln stehende und langsam fließende Süssgewässer, wo sie meist an der Unterseite von Pflanzenblättern, an Stengeln oder an toten Zweigen und Halmen sitzen, von wo aus sie mit ihren Tentakeln vorbeischwimmende Kleintiere, meist Wasserflöhe, erbeuten. In Standort und Wasserqualität wenig wählerisch besiedeln sie kalte und warme Umgebungen bis in eine Tiefe von über 100 m. Sie fehlen in keinem See oder Tümpel, in dem auch Pflanzen vorkommen und sind mitunter zahlreich. Massenvermehrungen kommen vor.




Körperbau und Ernährung



Hydra: Mundstück.
Mundstück (Hypostom)
Der Körper einer Hydra besteht aus einem Schlauch, der an der Unterseite in eine Fußscheibe ausläuft; an seiner Oberseite befindet sich die Mundöffnung, die von fünf bis acht Tentakeln umkränzt ist. Diese sind, wie die gesamte Körperoberfläche, mit Nesselzellen gespickt. Der Schlauch selbst gliedert sich in einen hohlen Teil, der den Verdauungstrakt darstellt (Gastralraum). Nach unten hin schließt sich daran der Stiel an, der in die Fußscheibe ausläuft. Der Stiel ist nur unwesentlich schlanker als der stark dehnbare Gastralraum, mitunter ist kein Übergang zwischen den beiden zu sehen.

Hydra: Tentakel.
Tentakel
Ein kleines Tier, das zufällig diese Nesselzellen berührt, wird von ihnen gelähmt oder getötet und bleibt an dem Tentakel kleben. Kontraktionen der Fangarme befördern die Beute zum Mund (Peristom) wo sie in das Körperinnere verfrachtet und verdaut wird.

Diese Konstruktion als "Sackdarm" bedingt dass die unverdaulichen Reste einer Beute auf gleichem Wege den Verdauungstrakt verlassen wie sie hineingelangt sind: Die Hydra würgt sie wieder hinaus in die Umgebung.

Hydra: Nesselbatterie.
Nesselbatterie.
Der Körper der Hydra ist sehr elastisch und kontraktibel. Bei Störungen zieht sich die Hydra zusammen und erscheint fast kugelförmig (oder wie ein aufgeblasener Gummihandschuh).

Die Körperwandung einer Hydra besteht aus zwei Gewebeschichten, der äußeren Schicht (Ektoderm,) und der inneren Schicht (Entoderm oder Gastroderm), zwischen die als Abscheidungsprodukt des Zellstoffwechsels eine dünne gallertartige Zwischenschicht eingezogen ist (Mesogloea), die kaum Zellen enthält.

Der Organismus Hydra befindet sich am evolutiven Anfang der Vielzeller und zeigt daher den einfachsten Typ von Gewebeorganisation. Hydra bildet keine Organe im eigentlichen Sinne aus wie höher entwickelte Organismen das tun. Dagegen verblüfft sie mit einer erstaunlichen Vielfalt und Komplexität an Zelltypen.

Ektoderm

Die äußere Schicht (Ektoderm) besteht im wesentlichen aus Epithelmuskelzellen. Dieser zweifache Bezeichnung resultiert aus ihrer Doppelfunktion: Zum einen grenzen sie den Körper der Hydra nach außen ab, schirmen ihn gegen Keime wie Bakterien oder Pilze ab und sind auch zu einer Immunantwort befähigt, indem sie Abwehr-Peptide herstellen. Sie bilden auch die Pellicula, die d&uulm;nne Schleimschicht, die als oberste Schicht des Ektoderm den äußeren Rand der Hydra darstellt.

Andererseits sind die Epithelmuskelzellen an ihrer Bodenseite (also dem Mesogloea zugewandt) mit Eiweißfasern durchzogen, die eine Kontraktion erlauben. Diese Fasern laufen längs zum Hydrakörper. Werden sie von Nervensystem ausgelöst, ziehen sie sich zusammen und die Hydra schnurrt auf Kugelformat ein. Epithelmuskelzellen finden sich auch in der Innenschicht (Entoderm), wenn auch in etwas abgewandeltem Aufbau und Funktion.

Weiterhin befinden sich eine Reihe von Sinneszellen im Ektoderm, die sowohl mechanische (Berührungs-) Reize, als auch chemische Reize und Licht wahrnehmen können.

Ebenso finden sich im Ektoderm die typischen Nesselzellen. Sie treten an jeder Stelle des Körpers auf, besonders dicht aber an den Tentakeln.

Entoderm

Die Innenschicht (Entoderm) begrenzt den Hydrakörper zum Verdauungsraum hin und umschließt diesen. Damit fällt ihr auch die Aufgabe der Verdauung zu. Die Epithelmuskelzellen, die sie hier befinden verfügen ebenfalls über kontraktile Fasern, allerdings verlaufen sie kreisförmig um den zylindrischen Hydrakörper, also rechtwinklig zu den Fasern der äußeren Schicht. Auch hier befinden sich die Fasern an demjenigen Ende der Zelle, das der Zwischenschicht zugewandt ist. Werden sie kontrakiert (bei geschlossenem Mund), so streckt sich die Hydra. Um die Nahrungsaufnahme zu bewerkstelligen verfügen sie über zwei Geißeln (Wimpern), mit deren Hilfe sie Nahrungspartikel oder Tröpfchen herbeistrudeln um sie in sich aufzunehmen. Damit bezeichnet man sie auch als Nährmuskelzellen.

Ebenfalls zur Verdauung dienen zwei Typen von Drüsenzellen: Erstere geben protein- fett- und chitinspaltende Verdauungsenzyme in den Verdauungsraum ab, während die anderen eine Schleimschicht bilden, die den Polypen vor Verletzungen und Selbstverdauung schützt.

Die vorverdauten Nahrungströpfchen und Partikel werden von den Nährzellen resorbiert und innerhalb der Zelle fertig verdaut. Die gewonnenen Baustoffe werden in den interzellularen Raum abgegeben und zirkulieren, mangels eines Blutkreislaufes, frei in der Hydra.

Mesogloea

Der Zwischenraum zwischen beiden Schichten (Mesogloea) besteht aus Mucopolysacchariden und Eiweißfasern (meist Kollagen). Da Mucopolysaccharide große Mengen an Wasser binden können, ist das Mesogloea von einer gelee- oder gallertartigen Konsistenz. Da man dieser Schicht oft eine stützende Funktion zuschreibt, hält sich bis heute der Name Stützlamelle - immerhin liegen die beiden Schichten von Muskelfibrillen beidseitig dicht neben ihr. Die Stützlamelle ist als dauernd veränderliche lebende Zellabsonderung sowohl stabilisierend als auch auch flexibel, osmotisch durchlässig und durchlässig für Zellwanderungen und Nervenbahnen. Im Falle der Hydra ist die Schicht sehr dünn - bei manchen marinen Quallen macht sie den mit Abstand größten Teil des Körpervolumens aus.

Kittleisten

Hydra vulgaris: Kittleisten.
Kittleisten: Netzstruktur.
Das Zellgerüst der Hydra wird von einem System von Kittleisten zusammengehalten, das die Epithelzellen nahe ihres äußeren Randes miteinander verbindet. Dieses System verliert unter Einwirkung von schwacher Essigsäure seine Wirkung (Bela-Hallersche Flüssigkeit: 1 Teil Eis-Essig, 1 Teil Glycerin, 13 Teile Wasser). Bei einer geringen Erschütterung zerfällt dann die Hydra in ihre einzelnen Zellen und wird zu einer unförmigen, gestaltlosen Masse.

Nerven

Unterhalb und zwischen den Epithelzellen durchziehen einfache Nervenzellen den Hydrakörper. Sie stehen mit den Sinneszellen aus dem Ektoderm in Verbindung und leiten Erregungen weiter an die Muskelfibrillen.

Sie liegen auf der Stützlamelle (Mesogloea) auf, ebenso verlaufen die Nervenbahnen (Axone) auf ihr. Manche Leitungen druchbrechen bisweilen die Mesogloea und erreichen die Basis von Nährmuskelzellen der Entodermis.

Das Nervensystem bildet keine Knoten, also keine zentralen Schaltstellen wie Ganglien oder gar ein Gehirn. Vielmehr bilden die Nervenzellen eine diffuse netzartige Verschaltung (Nervennetz), wobei die Nervendichte am Fuß und am Mund erhöht ist (Nervenring).

Interstitielle Zellen

Eine Gruppe kleiner Zellen verdient bei Hydra besondere Beachtung: Die Interstitiellen Zellen, kurz: I-Zellen. Diese Zellen sind multipotente Stammzellen und sorgen für die erstaunliche Regenerationsfähigkeit der Hydra.

Sie befinden sich vornehmlich im Rumpf der Hydra entlang des Gastralbereichs im Zwischenraum zwischen den weit größeren Ento- und Ektodermalzellen (daher der Name), wo sie sich durch Zellteilung vermehren. Als multipotente Stammzellen sind sie in der Lage, sich zu verschiedenen Zelltypen weiter zu entwickeln, allerdings ist diese Fähigkeit auf bestimmte Gewebe oder Regionen beschränkt. (Wären sie totipotente Stammzellen, so hätten sie die Fähigkeit zur Bildung eines kompletten, lebensfähigen Individuums.) Interstitialzellen können sich zu allen Typen von Nerven- und Sinneszellen, allen Drüsenzellen und zu den vier Typen von Nesselzellen entwickeln. Ebenso gehen die Keimzellen (Sperma- und Eizellen) aus ihnen hervor.

Allerdings sind sie nicht in der Lage, ektodermale oder entodermale Zellen zu bilden. Die Hydra ist daher systematisch gesehen aus drei Zell-Linien aufgebaut: Den ektodermalen Zellen (Hautmuskelzellen), den entodermalen Zellen (Nährmuskelzellen) und den Interstitialzellen.

Über eine chemische Rückkopplung halten sie ihren Bestand konstant und entwickeln sich nach Bedarf zu den einzelnen Funktionszellen weiter (Sproull und David, 1979, Bosch 1991). Der Prozess, bei dem sich eine I-Zelle in eine Funktionszelle umwandelt (Differenzierung) beginnt mit einer Zellteilung der I-Zelle, wobei die Tochterzellen durch zytoplasmatische Brücken miteinander verbunden bleiben und Häufchen (Cluster) bilden. Die Größe des sich bildenden Zellhäufchens (2, 4 ... bis 32 oder 64 Zellen) ist bereits charakteristisch für das Endprodukt. Ist die vorgegebene Anzahl an Tochterzellen erreicht, differenzieren die Zellen synchron zu einem Zelltyp. (Z.B. Nesselzellen von Typ der Volventen entstehen meist aus einem Cluster von 16 Tochterzellen.) Der Cluster zerfällt und die fertig differenzierten Zellen beginnen einzeln ihre Wanderung durch den Hydrakörper zu ihrem Bestimmungsort.

Diese gezielten Wanderungen setzen voraus, dass I-Zellen in der Hydra ihre Position im Körper selbst bestimmen können und ihren Wanderungsweg danach ausrichten. Etwa 10 % der Interstitiellen Zellen bringen Nervenzellen hervor; 30% erzeugen Nesselzellen. Die übrigen 60% werden wiederum I-Zellen. Es besteht also ein beständiger Strom an Zellmaterial von Rumpf zu den Tentakeln und (in geringerem Maße) in den Fuß.

Nesselzellen

Hydra: Abgefeuerte Nesselzelle.
Abgefeuerte Nesselzelle.
Die Nesselzellen scheinen eine hochwirksame und bereits uralte Einrichtung der Natur zu sein. Sie dienen der Verteidigung wie dem Beutefang und sichern seit Hunderten von Millionen Jahren das Überleben der Nesseltiere. Der Stammesgeschichtliche Ursprung der Nesselzellen ist ungeklärt; womöglich bildete eine Symbiose eines Gewebes mit einem Einzeller (Geißel!) den Ursprung. Bau, Funktion und innere Systematik von Nesselzellen ist ein weitläufiges Gebiet; die etwa 30 derzeit im Tierreich bekannten Haupttypen dienen auch der Klärung der Verwandtschaft der Nesseltiere untereinander. Die meisten Nesselgifte sind Nervengifte, die den Natrium-Ionentransport an Nervenzellen unterbinden und so die Reizweiterleitung verhindern. Lähmungen sind die Folge, die in hohen Dosen Herzstillstand etc. und damit den Tod herbeiführen.

Charakterisiert man die Typen von Nesselzellen nach ihrer Funktion, so lassen sich bei Hydra vulgaris drei Typen von Nesselzellen unterscheiden:
  • Penetranten (Stenotelen): Durchschlagskapseln. Sie enthalten den aus drei Dornen aufgebauten Stilettapparat. In der Kapsel befinden sich ausserdem hochwirksame Nesselgifte, mit denen die Beute ausser Gefecht gesetzt wird. Die "Primärwaffe".
  • Volventen: Wickelkapseln. Sie schleudern Fäden aus die sich um Unebenheiten, Borstenoder Haare des Beutetieres wickeln und es so festhalten.
  • Glutinanten: Klebekapseln. Zusammen mit dem Faden wird eine klebrige Substanz ausgeschleudert, die den Polypen bei der kriechenden Fortbewegung am Grund festhält.


Penetranten (Stenotelen)
Wickelkapseln (Volventen)
Klebekapseln (Glutinanten)



Nesselzellen können nur einmal abgefeuert werden, danach werden sie abgestoßen oder zur Verdauung in den Gastralraum abgegeben und durch neue ersetzt. Mitunter wandern auch Nesselzellen von der Körpermitte in die Tentakel, wenn dort ein Beuteschlag zahlreiche Nesselzellen gekostet hat und ganze Hautpartien blosliegen.

An den Tentakeln befinden sich Nesselzellen, die bis zu 30 Nesselkapseln verschiedener Typen beinhalten. Diese besonders großen Zellen werden treffend als Nesselbatterie bezeichnet.

Um nicht bei jedem Fehlalarm einige Nesselzellen zu verlieren und andererseits bei einem Ernstfall auch möglichst viele Zellen auszulösen sind die Reize, die die Nesselkapseln triggern miteinander verschaltet. Das heist: Ein einzelner Reiz schafft es nicht alleine, zahlreiche Nesselzellen auszulösen. So sind Nesselzellen an ihrer Unterseite mit Nervenleitungen verbunden und so quasi untereinander verschaltet. Zwar verfügt jede Nesselzelle über einen Auslöser, vermutlich bedarf es mehrerer getriggerter Auslöser, um eine ganze Salve abzufeuern.

Das größte Stimulans für die Hydra ist das Tripeptid Glutathion, das in allen lebenden Zellen in relativ hohen Konzentrationen vorkommt.




Lebensweise



Bewegung und Wanderung
Hydra: Luftblase am Fuss.
Luftblase am Fuss
Zum Standortwechsel stehen der Hydra zwei Techniken der Fortbewegung zur Verfügung: Entweder kopfüber, wobei das Mundstück zu Boden gebogen und dort Halt findet, während der Fuß sich löst und einen neuen Standort sucht - die Hydra vollführt also quasi einen Purzelbaum. In einem Becken ist das gut sichtbar, wenn die Hydra mit einem derangierten Tentakelkranz an der Scheibe klebt. Aber auch spannerartige Bewegungen sind möglich, wobei der Körper sich flach auf dem Substrat in die Länge streckt, das Mundstück Halt sucht und der Fuß nachgezogen wird. Wenn überraschend der Wasserstand sehr niedrig wird und die Hydra sich zurück ins tiefere Wasser retten muss, ist das eine erfolgversprechende Strategie. Positionswechsel erfolgen in freier Natur meist, um im Sommer in einen geeigneten Temperaturbereich in Abhängigkeit von der Tageszeit zu gelangen.

Viele Individuen besitzen in der Fußscheibe eine kleine Luftblase, die mit blosem Auge nicht sichtbar ist. Das sie sich unter manchen Stressituationen (wie z.B. plötzliches starkes Sonnenlicht) vom Standpunkt oder der Wasseroberfläche lösen und zu Boden sinken, vermute ich dass Hydren mit Hilfe dieses Bläschens ihre Dichte und ihren Auftrieb regulieren. Der Nachweis steht aus, aber ich vermute dass in Panikreaktion diese Blase nach außen abgegeben wird, um ein relativ schnelles Absinken zu erreichen.
Überwinterung
Hydra überwintert vermutlich zwischen Pflanzen in tieferen Wasserschichten um dem Frost zu entgehen. Reduzierter Stoffwechsel bedingt wie bei Fischen einen geringen Sauerstoff- und Nahrungsbedarf. Auch Dauereier überstehen den Winter.

Begleiter und Feinde
Kerona pediculus (Nierenförmige Polypenlaus).
Befall mit
Kerona pediculus
Trotz der Nesselzellen sind einige Organismen bekannt, die sich längere Zeit oder dauerhaft auf der Oberfläche der Hydra aufhalten. Sie lösen dabei die Nesselzellen nicht aus. Vermutlich handelt es sich nicht bei allen Begleitern zwangsläufig um tödliche Schädlinge, sondern vermutlich um Kommensale, dh. Nutznießer, die den Wirt im Gegensatz zu Parasiten nicht schädigen, sondern nur von dessen Nahrungsüberschüssen oder Abfällen profitieren. (Kommensalismus, von lateinisch commensalis - Tischgenosse. Ähnlich den Aasfressern der Steppe, die gern in der Nähe von Raubtieren bleiben.)
  • Trichodina pediculus (Polypenlaus). Ein kleines dosenförmiges Wimpertierchen, das mittels eines komplexen Haarkranzes sich an der Hydra festhält.
  • Kerona pediculus (Nierenförmige Polypenlaus; ebenfalls ein Wimpertierchen, weniger stark gebunden als T. pediculus). Dieser Organismus bewegt sich quasi freilaufend auf der Hydraoberfläche, gelegentlich aus in ihrer unmittelbarer Umgebung im freien Wasser. Befallene Hydren wachsen bei gleicher Ernährung langsamer und verhungern schneller bei Nahrungsentzug.
  • Hydramoeba hydroxena. (Eine parasitische Amöbe.) Befällt Hydren und Medusen weltweit im Süßwasser. Tötet Hydren binnen 2 Wochen.


Kerona pediculus (Nierenförmige Polypenlaus).
Kerona pediculus
Nierenförmige Polypenlaus
Die in natürlicher Umgebung auftretenden Feinde sind sehr überschaubar und wenig zahlreich.
  • Microstomum lineare (ein Strudelwurm, Turbellarium).
  • Schnecken der Gattung Limnaea (ca. 12 Arten, darunter die bekannte Spitzschlammschnecke, die größte in Mitteleuropa heimische Süsswasserschnecke)
Von den in Mitteleuropa heimischen Fischen zeigt keiner Appetit an Hydra.




Fortpflanzung



Hydra ist sowohl zur asexuellen als auch zur sexuellen Fortpflanzung in der Lage, wobei die asexuelle die weit häufigere ist. Der zyklische Wechsel zwischen asexueller und sexueller Fortpflanzung scheint eine so erfolgreiche Strategie zu sein dass kaum eine Spezies, die prinzipiell diese Möglichkeit hat, auf sie verzichtet. Stets dient die asexuelle Vermehrung der zügigen Weiterverbreitung und der schnellen Eroberung eines Lebensraums unter günstigen Bedingungen, die sexuelle Fortpflanzung dient der genetischen Durchmischung, die auf Schwankungen in den Lebensumständen vorbereitet.



Knospung
Die asexuelle (vegetative) Fortpflanzung geschieht mittels Knospung, einem Vorgang, der an die Pflanzenwelt erinnert, wo Seitentriebe eigene Wurzeln bilden können und sich dann von der Mutterpflanze abtrennen. Am unteren Ende des Gastralraumes sammeln sich dabei Interstitialzellen in größerer Menge im Ektoderm zwischen den Epithelzellen und dem Mesogloea und in geringerer Anzahl darunter im Entoderm. Die erste Vorwölbung entsteht. Die Interstitialzellen teilen sich und wandeln sich zum Teil in Körperzellen um, die neues Gewebe bilden. Bald ist die Auswölbung so weit vorangeschritten, dass der Innenraum der Hydra sich bis in die Knospung erstreckt. Die Tentakel erscheinen, die Mundöffnung formiert sich. Schließlich entsteht die Fußscheibe. Wie eine Kamerablende verengt sie das untere Ende des Innenraumes, bis die beiden Polypen getrennte Verdauungstrakte besitzen. Bezog das Knospungsgewebe die erforderlichen Nährstoffe anfänglich noch vom Elterntier, ist es nun fähig, eigene Beute zu machen. Als letztes erfolgt die Ablösung - der junge Polyp, ein Klon seines Elterntieres, ist nun selbständig.

Von der ersten Wölbung bis zum Abschnüren des Klons benötigt die Hydra unter guten Bedingungen weniger als zwei Tage, oft bilden sich auch mehrere Knospungen gleichzeitig.

Sexuelle Vermehrung


Hydra vulgaris: Männliche Keimdrüsen.
Zahlreiche männliche Keimdrüsen
Bei der sexuellen Vermehrung bilden sich beim Männchen bevorzugt nahe der oberen Drittel-Linie, aber auch entlang der gesamten Längsseite rosendornartige Ausbuchtungen. Sie entstehen durch die massenhafte Einwanderung von Interstitialzellen, die sich zu einem Kissen unter den Ektoderm anhäufen und Ektodern und die darüberliegende Pellicula stark dehnen. Die Zellen des Ektoderm werden dabei in die Breite gezogen. Einige Zellen an der Spitze der Erhebung bilden eine länliche Form aus, deren Spitze zipfelartig ins Freie ragt. Die Struktur in der Nähe des Zipfels wirkt blasig und locker.

Hydra vulgaris: Männliche Keimdrüsen.
Männliche Keimdrüsen
Muskelfasern sind in diesem Gewebe nun vollständig zurüchgebildet.

Tief im Inneren dieses Kissens, das sich nur im Ektoderm befindet und das nun auch die Mesogloea etwas nach innen drückt, bilden sich aus Interstitialzellen die Urkeimzellen (Spermatogonien). Kennzeichnend ist ein enormer Größenzuwachs etwa auf das zehnfache der ursprüglichen Größe.

Nach zwei Zellteilungen und einer Wanderung hin zur Oberfläche sind aus ihnen Spermien entstanden. In dem Maße wie es gebildet wird verläßt das Sperma durch Diffusion die männliche Geschlechtsdrüse und sickert einige Tage lang aus ihr heraus in die Umgebung.



Bei Weibchen verläuft die Sache etwas komplizierter. Wieder steht am Beginn der Entwicklung eine Ansammlung von Interstitialzellen, allerdings an der unteren Drittellinie des Körperschlauches. Wieder geschieht diese Ansammlung nur in der Ektodermis und bildt eine leichte Verdickung, die der männlichen Keimdrüse anfangs gar nicht unähnlich ist.

Hydra vulgaris. Süßwasserpolyp.
Männliche Geschlechtsdrüsen
In diesem Eifeld wird nun genau eine einzelne Interstitialzelle als Eizelle festgelegt. Alle anderen I-Zellen werden zu Nährzellen der Eizelle ("nurse - cells"), sie degenerieren und werden der Eizelle als Energie-Depot einverleibt. Sie bilden damit den Dotter des bis dahin noch unbefruchteten Eis. Die Eizelle nimmt in der Folge stark an Größe zu und wird zu einer quasi formlosen Masse, die von Nurse-Zellen umgeben ist. Im Laufe dieses Prozesses erfolgt auch die Reifeteilung, die dem Chromosomensatz des Zellkerns halbiert.

Hydra vulgaris: Weibliche Keimdrüsen.
Weibliche Geschlechtsorgane
Hat das Ei eine gewisse Größe erreicht, durchbricht es das Ektoderm und erhält Kontakt mit dem Umgebungswasser. An seiner Außenseite, gegenüber vom Stiel, befindet sich ein kleine Vertiefung, unter der der weibliche Eikern liegt. Die ist die Andockstelle für die Spermien.

Sobald Kontakt mit dem Umgebungswasser aufgenommen wurde, bleiben zwei Stunden Zeit, um Spermien anderer Polypen auf chemischem Wege anzulocken.(Martin et al. 1997). Falls innerhalb dieses Zeitraumes die Befruchtung nicht erfolgt, geht das Ei zugrunde.

Ist die Befruchtung erfolgt, wird das Ei zu einem kugeligen Gebilde weiterentwickelt, während es an schüsselförmigen Gebilden weiter am Mutterleib befestigt bleibt.

Hydra vulgaris: Weibliche Keimdrüsen.
Weibliche Geschlechtsorgane,
am Stiel aufsitzend
Die befruchtete Eizelle beginnt nun sich zu teilen, währen die restlichen Nurse-Zellen zusammen mit den Ektodermalen Zellen, die das Ei von der Mutter mitbekommen hat, eine mit vielen Ausstülpungen und Fortsätzen versehene Außenhülle abzusondern. Sie stellt die spätere Schutzhülle gegen mechanische Einflüsse dar, dient aber auch der Weiterverbreitung des Eis, indem sie sich leicht in Haare, Borsten oder den feinen Strukturen von Federn verfängt.

Die Eizelle selber teilt sich nun rasch in steter Folge, wobei die Zahl der Zellen rasant steigt, nicht aber die Gesamtmasse des jungen Embryos (Furchung). Mitunter vergeht von einer Zeilung zur nächsten nur gut eine Stunde. Nach fünf bis acht Stunden besteht der Embryo aus 62 bis 128 Zellen, die als ein- bis zweischichtige Lage um einen Hohlraum angeordnet sind. Was wir also sehen ist eine hohle Kugel. Bedenkt man die Anzahl an Nurse-Zellen, die der Anfangs-Eizelle einverleibt wurde, so zehrt jede dieser Zellen noch von dem Vorrat von 40 Nurse-Zellen.

Was nun passiert ist als eine der wichtigsten Erfindung der Evolution bezeichnet worden: Die Gastrulation. Dabei stülpt sich eine Seite der Kugel in den Hohlraum ein und lagert sich an die gegenüberliegende Seite von innen an. (Gerade so als ob man einen Ball, der drucklos ist, mit der Faust einseitig eindellt, so dass eine Art Schüssel entsteht. ) Die Öffnung, die entsteht (d.h. die Stelle, an der die Faust gedrückt hat) wächst wieder etwas zu und bildet den zukünftigen Mund der Hydra, die beiden Schichten bilden Ektoderm und Entoderm, aus der Grenzschicht dazwischen geht das Mesogloea hervor.

Der Bauplan der Hydra läßt sich so wie der Bauplan aller Hohltiere direkt auf die Erfindung der Gastrulation zurüchführen.

In der folgenden Phase der Entwicklung pausiert die Entwicklung des Embryo. Er fällt entweder schlicht von Muttertier ab oder das Muttertier kontrahiert seinen Fuß, so dass die Eier Kontakt zum Boden erhalten, wo sie zunächst kleben bleiben. Danach entfernt sich das Muttertier kopfüber aus ihrem Eierkreis. Da die Eier resistent gegenüber Durchfrieren und Trockenheit sind, dienen sie der Überwinterung und der Weiterverbreitung durch Vögel oder Säugetiere, wobei die Ruhephase von weniger als einem Monat bis zu einem Jahr andauern kann.

Es ist nicht ganz klar in wieweit das Geschlecht einer Hydra festgelegt ist, aber Experimente lassen den Schluss zu, dass Hydra vulgaris vermutlich im Grunde ein Zwitter ist, der abhängig von verschiedenen Aussenreizen mal als Männchen, mal als Weibchen fungiert. Ebensowenig klar ist was den sexuellen Zyklus einleitet, damit überhaupt zur Bildung von Geschlechtsdrüsen kommt. Das Simulieren eines "Herbstes" reicht nicht zuverlässig aus.

Polyp und Meduse
Generell verfolgen alle Cnidaria die gleiche Strategie der Fortpflanzung: Von einem bodenbewohnenden, sesshaften Polypen werden mobile Formen abgeschnürt, die sich räumlich weiterverbreiten und die schließlich Eizellen und Spermazellen hervorbringen und ins freie Wasser abgeben. Aus diesen entstehen nach ihrer Befruchtung kleine Planulalarven, die zu Boden sinken und wieder zu einen (Gründer-) Polypen heranwachsen. Polypen vermehren sich asexuell und bilden Kolonien, oft sind auch die freischwimmenden Medusen zur asexuellen Vermehrung fähig.

Hydra vulgaris.
Filigrane Schönheit
Der Vorteil, die sexuelle Phase mobil zu gestalten liegt auf der Hand: Neue Gebiete können schnell erschlossen werden, Inzucht wird vermieden. (Gerade die großen Meeresströungen wie der Golfstrom erlauben es den Medusen auch bei geringen Eigengeschwindigkeiten große Strecken zu bewältigen wenn sie nur lange genug leben. Tatsächlich ist bei sehr vielen Bodenbewohnern des Meeres eine mobile Phase eingeschaltet, meist allerdings als planktisch lebende Larve.)

Bei der Süßwasserhydra ist nun die Medusenphase verloren gegangen. Mag diese Phase in einem Ozean unverzichtbarer Bestandteil einer Strategie sein, die den Genfluß über Hunderte oder Tausende von Kilometern aufrecht zu erhalten - allein in mitteleuropäischen Seen ist das überflüssig da sie diese Größe nicht annähernd erreichen. Die natürliche, zufällige Wanderung der Polypen innerhalb eines Sees scheint dafür auszureichen.

Um hier den Genfluß über möglichst große Areale zu gewährleisten und neu entstanderen Seen zu besiedeln müssen Wege über Land gesucht werden, sei es im Gefieder von Wasservögeln oder im Haarkleid von Bibern etc. Frostsichere und trockenheitsresistente Eier übernehmen hier also die mobile Phase.




Hydra als Haustier



Hydra vulgaris.
Algenfäden behindern den Schlund
Hydra läßt sich dauerhaft und fast problemlos als Ansichtsobjekt und Haustier in einem kleinen Becken in der Wohnung halten. Eine Fütterung pro Woche genügt für den Bestandserhalt, alles was darüber hinausgeht, sorgt für eine entsprechende vegetative Vermehrung.

Für eine intensive Fütterung mit entsprechend gewollter Vermehrung diesen Artemianauplien, die allerdings über kurz oder lang das Wasser belasten; häufige Wasserwechsel sind die Folge. Um die Verwirbelungen, die eine Hydra nur ungern erträgt zu minimieren, ist eine Flutsch-Bremse ein simples und praktisches Gerät.

Für längere, weniger betreuungsintensive Standzeiten empfiehlt sich die Fütterung mit Wasserflöhen. Das Becken sollt bepflanzt sein und eine gewisse Bioaktivität beinhalten um die Stoffwechselprodukte der Hydra abzubauen. Eine Blasenschnecke (keine Spitzschlammschnecke) fungiert als Resteverwerter.

Fütterungsversuche sind spannend und manchmal kurios die Hydra dankt es mit zuverlässiger Vermehrung.

Vor einiger Zeit habe ich in einer chronologischen Darstellung ein Hydraglas vorgestellt.




Der Schlingvorgang im Detail



Naturgemäß sind Hydra nicht in der Lage zu kauen - sie verschlingen ihre Beute in einem Stück. Da Wasserflöhe als ihre typischen Beutetiere deutlich größer sind als ihr Leibesdurchmesser muss sich der Verdauungsraum enorm dehnen um die Beute aufzunehmen. (Wasserflöhe verfügen ohnehin über einen nur geringen Nährwert, daher der vergleichsweise eher geringe Größenunterschied zwischen Beute und Räuber.)


Hydra vulgaris: Fressvorgang.

Die Daphnia ist erbeutet und hängt gelähmt an den Tentakeln. Diese ziehen ihn an die Mundöffnung. Die Mundöffnung bildet sich.
Hydra vulgaris: Fressvorgang.

Das Mundstück dockt an.
Hydra vulgaris: Fressvorgang.

Die Zellen des Mundstückes beginnen nun die Beute zu umfließen.
Hydra vulgaris: Fressvorgang.

Dabei kann das Gewebe enorm gedehnt werden.
Hydra vulgaris: Fressvorgang.

Die Hydra ist nun fast durchsichtig geworden. Immerhin hat sie den Wasserfloh quer verschlungen.
Hydra vulgaris: Fressvorgang.Schließlich sind die Spitzen der Ruderbeine das letzte was von dem Wasserfloh noch ins Freie ragt...
Hydra vulgaris: Fressvorgang... und nach 15 Minuten ist der Vorgang abgeschlossen



Die Verdauung dauert je nach Beute emehrere Stunden, die unverdaulichen Reste werden als unförmiger Klumpen wieder ausgewürgt.




Bekämpfung im Aquarium



Immer dann wenn Hydra und ein Fischaquarium gemeinsam zur Sprache kommen dreht sich das Thema um die Bekäpfung und vollständige Vernichtung der Süßwasserpolypen - in der Regel in einer Serie von erbarmungslos geführten Schlachten, die mit verschiedenen Mitteln und unterschiedlichem Erfolg geschlagen werden. Die verschiedenen Waffen sollen hier dargestellt werden. Sie sind allesamt nicht unbrauchbar, haben aber jeweils ihre eigenen Nachteile und Unzulänglichkeiten. Oft muss eine Behandlung wiederholt werden, da die Dauereier der Hydra überlebt haben.

Mechanische Entfernung
Ist durchaus möglich, wird aber kaum zur Ausrottung der Hydren führen, wenn es sich nicht gerade um ein sehr kleines, überschaubares Becken handelt. Diese Tiere sind sehr leicht zu übersehen, und aus einigen Körperstücken, die im Wasser verbleiben, regenerieren sich neue Individuen.
Abtrocknen
Hört sich plausibel an - offensichtlich reicht das aber nicht. Mehrere Erfahrungsberichte sprechen dieser Methode die Zuverlässigkeit ab.
Aushungern
Im Gegensatz zu Planarien ist diese Methode bei Hydren durchaus beachtenswert. Abhängig von der Temperatur und Ausgangskonostitution sollte eine Hydra nach zwei Wochen ohne Nahrung auf jeden Fall dem Hungertod nahe sein oder ihn erlitten haben. Oft genügt ein zeitweiliges Einstellen der Lebendfuttergaben, um eine Hydrapopulation zusammenbrechen zu lasen.
Salz
Durch den osmotischen Druck zieht Salzwasser Flüssigkeit aus dem Hydrakörper - die Tiere vertrocknen unter Wasser. Gut geeignet, um ein befallenes Becken zu reinigen, wenn kein weiterer Besatz sich darin befindet. Ansonsten: Salz wirkt gegen Hydra auch in einer Menge, in der es von anderen Fischen zum Teil noch gut vertragen wird. Unbedingt sollte man sich in mehreren Foren Erfahrungsberichte einholen, welche Fische wie viel Salz vertragen und ob das gegen Hydren reicht. Weichwasserfische reagieren empfindlicher als andere. 3 - 5 Gramm reines Salz pro 1 Liter Wasser werden oft empfohlen (unter Vorbehalt!). Die Salzzugabe erfolgt allmählich über 24 Stunden verteilt, die Dauer beträgt etwa eine Woche.
Wärme
Tatsache ist dass Hydren wärmeempfindlich sind und bei Temperaturen von über 30°C sterben. Falls das der restliche Besatz des Aquariums vertragen sollte: Ist einen Versuch wert. Wer es gründlich mag, nimmt Fische heraus und heizt bis über 40°C. Pflanzen können nicht von der Behandlung ausgenommen werden, zu groß ist das Risiko, das sich eine Hydra auf einem Blatt durchmogelt. Die gelegentlich produzierten Dauereier vertragen sicher eine höhere Temperatur. Bei welcher Temperatur sie sterben, ist nicht bekannt, womöglich muss man zwei- oder mehrmals heizen.
Natürliche Feinde
Honigfadenfische treten als natürliche Fressfeinde der Hydren auf. Auf Hunger-Diät gesetzt reduzieren sie den Bestand an Hydren erheblich. Nur, nicht jeder normale Aquarienhalter hat mal so auf die schnelle für zwei Wochen Honigfadenfische zur Hand, die auch noch in jede Vergesellschaftung passen.

Spitzschlammschnecken fressen ebenfalls Hydra, sie gehen aber auch an Aquarienpflanzen.
Medikamente
Flubendazol und Panacur liefern zuverlässige Wirkstoffe gegen Hydrabefall im Aquarium. Eigentlich sind das Wirkstoffe, die Bandwürmer und andere Endo- oder Ektoparasiten bekämpfen, aber auch Hydra spricht gut darauf an. Allerdings sind die erforderlichen Dosierungen für Hydren teils erheblich höher als die auf der Packung angegebenen.

Flubendazol löst sich in Wasser praktisch gar nicht, sondern wird quasi als feinster Staub von der Wasserbewegung des Filters im Becken verteilt. (Das und der Umstand dass dieser Wirkstoff massenhaft in der Tierzucht verwendet wird und so in manchen Boden und Grundwasser nachweisbar ist führt zu Diskussionen und stellt bisweiles seine Zulassung in Frage. Einfach beim Tierarzt nachfragen.)

Die Dosis wird (unter Vorbehalt) mit 2 Gramm je 100 l Aquarienwasser angegeben, die 2 Gramm beziehen sich auf das Medikament Flubenol 5%. Mehrere Tage Einwirkzeit. Unbedingt sollten vor dem Einsatz in den entsprechenden Foren Ratschläge eingeholt werden, ob der jeweilige Besatz diese Dosis verträgt. Quarantänebecken sollten in Betracht gezogen werden.
Quarantäne
Hydren werden in der Regel als Tiere oder Eier über Wasserpflanzen eingeschleppt, aber auch Frost- und Lebendfutter aus "naturnaher Produktion" steht im Verdacht. Pflanzen aber auch Einrichtungsgegenstände für ein geplantes Jungfischbecken lassen sich - soweit ein Auskochen nicht möglich ist - mit Kaliumpermanganat oder dem etwas harmloseren Alaunsalz desinfizieren. 10 mg Kaliumpermanganat pro 1 Liter Wasser bei einer Einwirkzeit von 10 Minuten sollte alle Anhaftungen an pflanzen und Gegenständen abtöten. Diese Methode ist auch für Pflanzen keineswegs ungefährlich. Kaliumpermanganat stellt ein sehr starkes Oxidationsmittel dar und bedarf einer sachgerechten Handhabung. Ich empfehle es hier daher nicht, sondern lasse es lediglich um der Vollständigkeit der Methoden nicht unerwähnt. Die chemischen Eigenschaften dieser Substanz reichen von feuergefährlich bis selbstentzündlich - gründliche Information dazu ist dringend zu empfehlen. Alaun dagegen ist harmloser, 5 - 10 g pro 1 Liter Wasser, 2 Minuten Einwirkzeit. Beide Substanzen wirken auch gegen Schnecken, Laich und Planarien.


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Trotzdem bleibt zu bemerken dass eine Massenvermehrung von Hydren in der Regel selten auftritt, im Grunde nur dort, wo regelmäßig Plankton oder aktiv schwimmende Kleinlebewesen eingebracht werden, etwa in Form von Artemia-Nauplien in ein Jungfischbecken. Die sicherste Methode ist vermutlich die Umsiedelung der Fische oder Jungfische in ein neues Becken, das zuvor trocken stand. Da befallene Becken lässt sich nun der Reihe nach mit den diversen Methoden reinigen, vom Auskochen bis hin zu stromdurchflossenem Salzwasser. Mit dem teilweisen Verlust der darin befindlichen Wasserpflanzen und Weichtiere muss gerechnet werden.




Links



Die Hydrozoa Database

      World Hydrozoa Database


Diverse Stämme von Hydra magnipapillata

      Hydra magnipapillata strains


Erfahrungsaustausch auf www.welse.net

      www.welse.net/SEITEN/hydra.htm


Publikationsliste der Hydrozoa Directory (die vom Netz genommen wurde)

      www.ville-ge.ch/mhng/hydrozoa/pdf/descriptions.htm




Schlussbemerkung



Der Süßwasserpolyp Hydra ist keineswegs ein Feind! Vielmehr stellt er einen hochinteressanten Organismus dar, der es wert wäre, in Schulen und Zoos mehr beachtet zu werden.

Was wir in ihm vor allem sehen, ist ein ungemein faszinierendes Tier aus einer anderen Welt, die vor vielen Hundert Millionen Jahren bereits versunken ist und uns heute in Form dieses merkwürdigen, fast fremden Wesens trotzden noch gegenübersteht.







letzte Änderung : 19 Jun 2014











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