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Argentinische Waldschabe - Blaptica dubia
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Argentinische Waldschabe subadult
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Wer ein Futtertier sucht, das nicht zirpt und springt wie Grillen, nicht stinkt, das leicht zu halten und zu vermehren ist und dabei genügsame Futteransprüche stellt,
dem sei die Argentinische Waldschabe empfohlen.
Ein sehr genügsamer Geselle, der den Grillen wohl schon längst den Rang abgelaufen hätte, würde er nicht gar so wie eine übergroße Kellerassel aussehen.
Waldschaben reagieren im Vergleich zu Heimchen viel unempfindlicher auf Erschütterungen des Bodens, dafür flüchten sie bei größeren Schatten die sich bewegen,
wie sie überhaupt bei hellem Licht es vorziehen in der dunkelsten Ecke des Behälters zu bleiben.
Gemeinsam mit den Heimchen ist ihnen die Marotte, besonders leckere Futterstücke wie etwa Katzenfutter vor dem Fressen aus dem Futternapf herauszutragen
und in ihre Lieblingsecke zu verfrachten, teils unter Einsatz gehöriger Kräfte.
Aber wir wissen ja daß so manche fremdartige Wesen eine unerklärliche, manische Vorliebe für Katzenfutter entwickeln können.
Verbreitung und Einordnung
Von den 4500 bislang bekannten Schabenarten leben lediglich 15 in Europa,
darunter auch die Gemeine Küchenschabe (Blatta orientalis), die auch "Kakerlake" genannt wird und zum unfreiwilligen Namensgeber dieser Site wurde.
Der weitaus größte Teil lebt in tropischen und subtropischen Bereichen.
Die Argentinische Waldschabe ist ein naher Verwandter zur Totenkopfschabe (Blaberus craniifer), beide sind in der Unterfamilie Blaberinae eingeordnet.
Die Verbreitung der Argentinischen Waldschabe erstreckt sich von Französisch-Guayana über Brasilien bis nach Argentinien.
Sie bewohnt heiße tropische Wälder.
Hier mal eine etwas umfangreichere Einordnung.
Aus graphischen Gründen ist die Zeichnung natürlich nicht vollständig, bestimmte Hierarchiestufen sind außerdem der besseren Übersichtlichkeit wegen weggelassen.
Körperbau
Wie alle Schaben besitzt die Argentinische Waldschabe einen gedrungenen, abgeplatteten Körper und lange Fühler.
Auffällig ist der Halsschild (Pronotum), der den Kopf gänzlich bedeckt sowie die paarig vorhandenen Hinterleibsanhänge (Cerci).
Eine adulte Blaptica dubiana erreicht eine Länge von 4 bis 4,5 cm und eine Breite von etwa 1,5 cm.
Ein adultes, gut genährtes Weibchen wiegt etwa 2,8 Gramm.
Männchen und Weibchen sind bei der Argentinischen Waldschabe leicht zu unterscheiden, sobald sie ausgewachsen (adult) sind:
Während das Männchen voll ausgebildete Flügel besitzt mit denen es gut und weit aber nur sehr selten fliegt, sind die Flügel des Weibchens verkümmert.
Auch bei subadulten Männchen sind die Flügelanlagen sichtbar stärker entwickelt als bei subadulten Weibchen.
Insgesamt ist das Weibchen etwas kräftiger gebaut.
Eine Legeröhre o.ä. wie bei dem Heimchen fehlt.
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Ein adultes Weibchen. Adulte Tiere sind kräftiger pigmentiert so daß sie glänzend schwarz erscheinen
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Adultes Männchen.
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Zwar sind adulte männliche Waldschaben ("Böcke") gute Flieger (auch wenn sie praktisch nie abheben),
ihre Flügel gebrauchen sie angeblich allerdings auch bei Streitigkeiten indem sie sie als Drohgebärde rechtwinklig von Körper abspreizen -
ein Verhalten das ich bis dato noch nicht gesehen habe.
Im Umfeld von Paarungen dienen die abgespreizten Flügel regelmäßig als Teil des Werbungsverhaltens.
Nahrung
Pflegeleichter Allesfresser!
Im Grunde das gleiche was auch Heimchen, Steppengrillen etc fressen: Eine Kombination aus frischen Obst und Gemüse und trockenem Dauerfutter ist optimal.
In ihrer natürlichen Umwelt sind Waldschaben klassische Reste- und Abfallvertilger, die nachts aus den Verstecken kommen um sich an angefressenen Früchten und Aas schadlos zu halten.
Als Frischfutter eignen sich am besten Gurken und Äpfel aber auch Karotten oder Paprika, die mindestens frisch gewaschen sein sollten,
besser aber als "Bio"-Produkte gekauft werden.
Gefressen werden auch Klee, Löwenzahn oder simples Gras; auch salzlos gekochte Nudeln und Reis.
Weniger beliebt sind Gewächse die ätherische Öle enthalten, insbesonders Zwiebel oder saure Zitrusfrüchte.
Merkwürdigerweise läuft beim Fressen von Früchten stets ein bißchen Wasser ab;
ein Viertel eines Apfels der auf einem umgedrehten Gurkenglasdeckel liegend vertilgt wird hinterläßt so viel Restwasser daß der Boden davon bedeckt ist.
Bei Gurken bleibt noch mehr übrig.
Um sich mit der Feuchtigkeit keinen Schimmel, Milben oder andere Krankheitserreger einzufangen sollte das Frischfutter in jedem Falle in einem kleinen Schälchen o.ä. serviert werden.
Als Trockenfutter empfielt sich Katzenfutter, alleine schon des Preises wegen.
Größere Tierfuttergeschäfte und Ketten haben Katzenfutter lose vorrätig und verkaufen nach Gewicht;
die Menge, die in ein Marmeladenglas passt kostet dabei keine 30 cent.
Auch der Gehalt an tierischem Protein mindert den ohnehin relativ seltenen Kannibalismus unter den Waldschaben.
Ansonsten kann man Haferflocken oder Weizenkleie versuchen.
Fischflocken und Welstabs werden begeistert angenommen.
Fehlt Frischfutter, ist eine gesonderte Tränke unumgänglich.
Sie läßt sich -genauso wie bei Grillen - über eine wassergefüllte Plastikdose realisieren, in deren durchbohrten Deckel man einen Docht einzieht;
dabei sollte man darauf achten daß die Tierchen auch an den Docht "rankommen".
Auch flache Gefäße, auf die man Watte oder Wattepads drauflegt eignen sich.
Immer wieder wird diskutiert inwieweit sich wäßriges Gel zur Flüssigkeitsversorgung eignet.
Vermutlich ist das eine Möglichkeit, die Wasserversorgung langfristig und wartungsarm sicherzustellen;
allerdings sehe ich keinen Vorteil gegenüber einer Dochtquelle oder einer abgesicherten Vogeltränke.
Es ist auch nicht schlüssig zu erfahren woraus dieses Gel bestehen soll, d.h. welches Bindemittel verwendet wird.
Ich hab mal Gelatine probiert - das geht, wenn auch ohne Begeisterung von Seiten der Schaben.
Allerdings ist die Kombination wasserhaltig / proteinhaltig / lange Standzeit immer ein Magnet für Bakterien und Schimmel.
Ich verzichte daher darauf.
Gerade die Argentinische Waldschabe ist mit der Kombination Trockenfutter / Tränke gut dauerhaft zu halten.
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Der Heimchen Gurke ist der Schaben Apfel - und bitte nicht zu sauer! Der Alltime-Favorit bei den Blaptica dubiana.
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Protein! Haben die Tierchen Hunger, schnappen sie sich einen Brocken Katzenfutter und schleppen ihn unter Aufbietung aller Kräfte davon.
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Behälter
Argentinische Waldschaben sind Gruppentiere!
Wenige Schaben oder gar Einzelhaltung entspricht nicht ihrer Art, sie brauchen Kontakt untereinander, auch um um in die richtige Stimmung für die Paarung zu kommen.
Daraus zu schließen, die Waldschaben müsste man auf engen Raum zusammenpferchen damit eine Paarung quasi unumgänglich werde ist nun auch nicht ganz richtig.
Am besten sind viele Waldschaben (30 oder mehr) in einem großzügigen Behälter.
Faustregel: So viele Waldschaben maximal in einem Behälter unterbringen daß sie - wenn sie sich alle auf dem Boden befinden würden ohne sich zu stapeln, den Boden etwa abdecken.
Waldschaben können keine glatte Flächen hochkrabbeln, was die Haltung wesentlich erleichtert.
Als Behälter können sowohl die bekannten Faunaboxen dienen, als auch diverse, meist deutlich günstigere Plastikboxen, etwa die stapelbaren Boxen von Ikea oder die Behälter von Fürst-Plast.
Luftlöcher sollte man nicht vergessen. Falls sie mit "auch für Kinder geeignet" bezeichnet werden, enthalten sie keine Weichmacher.
Trotzdem erscheint es ratsam, sich gegen Ausbruchsversuche zu wappnen, auch wenn sie offensichtlich nicht zu erwarten sind.
Auch das gute Gefühl, sich sicher sein zu können, ist ein guter Grund, den Zuchtbehälter mit einem feinmaschigen Stoff abzudecken.
Gerade der Nachwuchs von Schaben ist so flach gebaut dass sie es durch kleine Ritzen und Spalten ins Freie schaffen.
Als Bodenstreu können Sägespäne dienen, ebenso ungedüngte Erde (Weißtorf), Sand oder einfach nur Küchenpapier.
Manche Züchter lassen das Bodensubstrat ganz weg und ersetzen es durch das Trockenfutter, so daß sich Nahrung und Ausscheidungen mischen, was andere Züchter zu Recht kritisieren.
Ich verwende eine dünne Schicht Vogelsand, da sich damit die Ausscheidungen leicht aus dem Behälter entfernen lassen.
Gelegentlich sollte man das Substrat reinigen,
dazu setzt man die Waldschaben in einen provisorischen Zweitbehälter um , tauscht das Substrat und verfrachtet die Tiere wieder zurück.
Unbedingt brauchen die Waldschaben ein Versteck, das dunkel ist und in das sie sich verkriechen können.
Waldschaben lieben es, sich aneinanderzudrücken und sich in Nischen und Spalten zu zwängen die nicht größer sind als sie selbst.
Eierkartons eignen sich dazu hervorragend, besonders wenn sie in zwei oder drei Lagen übereinander geschichtet werden.
Auch verschiedene andere Methoden, etwa etliche leere Toilettenrollen oder Küchenrollen wabenförmig angeordnet,
trockenes Laub, gestapelte Rindenstücke oder Bruchstücke von Ziegelsteinen sind geeignet.
Eine extra Beleuchtung ist nicht notwendig, da die Argentinische Waldschabe nachtaktiv ist.
Eigentlich sollte man eher daraufachten daß die Tiere Dunkelheit bekommen statt Licht.
Eine Haltung in ständiger Finsternis sehe ich nicht als problematisch.
Immer wieder gibt es Berichte darüber daß Asseln sich wunderbar in Gesellschaft von Argentinischen Waldschaben halten lassen,
da sie sehr ähnliche Lebensbedingungen bevorzugen sich von deren Kot ernähren, was Schimmel und Fäulnis vermeiden hilft.
Temperatur
Hier zeigt sich die tropische Herkunft der Waldschabe:
Zwar läßt sie sich auch bei Temperaturen von etwa 20 °C dauerhaft halten, zur Fortpflanzung benötigt sie allerdings 25°C bis 28°C.
Steht kein Heizkeller zur Verfügung, wo solche Werte zu erreichen sind, kommt man um eine Heizung nicht drumrum.
Heizen kann man nun von oben mithilfe einer Glühbirne, deren Wärmestrahlung für die nötigen Temperaturen sorgt, oder von unten mittels eines Heizkabels oder einer Heizmatte.
Da Wärme stets nach oben steigt und die Papp-Verstecke der Waldschaben relativ gut isolieren, erscheint mir die zweite Methode die effizientere zu sein.
Eine taugliche Einrichtung wäre etwa ein billiger Temperaturregler (ca 30 Euro) in Verbindung mit einem 15W Heizkabel (ca. 16 Euro) im Substrat oder (besser) unter dem Behälter.
Die hohe Temperatur, die für eine Fortpflanzung nötig ist, verhindert auch eine Vermehrung in einem "normalen" Haushalt.
Fraglich ist allerdings wie lange Schaben in einem "normalen" Haushalt überleben, dh. genügend Nahrung und Flüssigkeit finden.
Schaben sind wahre Hungerkünstler und überleben stets länger als gedacht, vermutlich etliche Wochen oder Monate.
Fortpflanzung und Lebenszyklus
Wird bei der Begattung in Eipaket in Weibchen befruchtet, so legt das Weibchen zunächst dieses Paket als Oothek ab (meist an einer geschützten Stelle im Behälter),
um es wirder aufzunehmen und in einer speziellen Genitaltasche zu verstauen. Dort bleiben die Eier etwa 4 Wochen, bis die Jungen bereit zum schlüpfen sind.
Die Oothek wird dann abgelegt und der Schlupf beginnt.
Bemerkenswert ist bisweilen das Beschützerverhalten der Mutter, die sich über ihren frisch geschlüpften Nachwuchs stellt bis deren Panzer ausgehärtet ist.
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Häutung zum adulten Tier. Wie bei allen Insekten ist Wachstum nur möglich indem die Tiere sich häuten. Der zu eng gewordene Chitinpanzer platzt dabei am vorderen Ende auf und die Waldschabe krabbelt mehr oder weniger mühsam aus ihm heraus.
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Die neue Haut noch weißlich und sehr weich, härtet aber innerhalb weniger Minuten aus.
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Aus einer Oothek schlüpfen etwa 20 bis 30 Jungtiere, die knapp 7 bis 8 mm groß sind.
Die Entwicklungszeit bis zum adulten Stadium ist stark temperaturabhängig;
unter 25°C beträgt sie mehr als 6 Monate, bei 28° - 30 °C etwa 4 Monate.
Kannibalismus ist selten aber gerade in einer Box mit hoher Besatzdichte nicht auszuschließen.
Proteinhaltige Kost wie Katzenfutter kann das Risiko verringern.
Was die Fruchtbarkeitsrate betrifft: Ich habe mal in einem Behälter mit bekannter Weibchenanzahl einige Wochen mitgezählt und komme realistischerweise auf knapp 20 (genau: 17,6) Junge pro Weibchen und pro Woche.
Dabei erreichen längst nicht alle das Erwachsenenalter.
Im Sinne einer effektives Zucht sollten vor allem Männchen verfüttert werden, oder ältere Tiere, erkennbar an einer intensiveren Färbung und / oder fehlenden Extremitäten.
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Ein erwachsenes Weibchen mit Jungtier.
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Oothek. Sie wird im Verlauf von 20 Minuten herausgepresst und wieder zurückgezogen, allerdings zur Reifung in die Genitaltasche.
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Fazit
Den Nachteilen der Argentinischen Waldschabe (der hohe Wärmebedarf und die langen Entwicklungszeiten) stehen eine Reihe von Vorteilen gegenüber:
Sie zirpt nicht, springt nicht, kann keine glatten Wände wie Plastik oder Glas hochkrabbeln und ist deswegen leicht zu hältern.
(Vorsicht bei Silikonfugen in Aquarien oder ziemlich verkratzten Plastikbehältern - junge Waldschaben könnten sie evtl hochlaufen.)
Sie stinkt nicht, bewegt sich relativ langsam und ist sehr anspruchlos in der Ernährung.
Argentinische Waldschaben bringen - gemessen am Anteil unverdaulichen Chitins - eine große Portion Protein mit und stellen somit eine nahrhafte Beute mit relativ weichem Körper dar.
Man kann die Argentinische Waldschabe Blaptica dubia also wärmstens empfehlen,
besonders Leuten, die einem Tier etwas Symphatie abgewinnen können welches aussieht wie eine überdimensionale Kellerassel.
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